Vince Weber – the Boogie Man aus Hamburg
Von Christian Christl
Als ich Anfang der 1980er Jahre begann Boogie Piano zu spielen stieß ich auf meiner Suche nach Pianisten relativ bald auf Vince Weber aus Hamburg. Sein Klavierspiel – und der Gesang – gefiel mir. Es war so farbenfroh, so voller Groove, so unterschiedlich in jedem Song. Obwohl ich nie versucht habe, einen seiner Boogie`s eins zu eins nachzuspielen glaube ich, dass sein Stil auf mich abgefärbt hat. Und damit geht es mir bis heute gut.
Wir trafen uns das erste Mal in der Theaterfabrik in Unterföhring bei München. Vince Weber spielte dort ein Konzert mit Axel Zwingenberger und dem Nürnberger Pianisten Peter Böckler an drei Flügeln. Mit gefiel die lockere Art von Vince Weber, wenn er nicht am Klavier saß. Es interessierte ihn einfach nicht, in der Pause Platten zu verkaufen. Er wollte lieber über die Musik und über Pianisten philosophieren.
Fasziniert haben mich die Geschichten aus seiner Anfangszeit. Blues Piano hatte ihn gepackt, als er von seiner Schwester Platten von John Lee Hooker und anderen Bluesern hören konnte. Da war es um den elterlichen Flügel im Wohnzimmer geschehen. Bald traf er in seiner Heimatstadt Hamburg auf Georg Möller, der selbst ein unglaublich toller Blues Pianist war. Er stellte ihm auch Axel Zwingenberger vor. Fortan zogen sie zu dritt durch die Kneipen Hamburgs, in denen ein Klavier stand und spielten bis in die frühen Morgenstunden.
Vince sagte mal zu mir: “Spielen geht immer”. Das werde ich nicht vergessen. Denn auch nach einem offiziellen Konzert wollte er noch dorthin, wo ein Klavier war. Vince Weber und das bluesige Boogie Piano waren eins. Kein Zweifel.
In den 1970er Jahren traf er in einer dieser nächtlichen Kneipen auf Otto Waalkes, den Komiker. Der engagierte ihn kurzerhand für seine Deutschland-Tournee im Vorprogramm. Und Vince Weber wurde bekannt. Auch hier erwähnte Vince, dass dieses Erlebnis für ihn eine harte Schule war: “Geh mal raus und spiel für tausend Leute, die nicht wegen Dir gekommen sind…” Ich kann es mir gut vorstellen.
Über eine Freundin lernte Vince recht bald Martin Pyrker aus Wien kennen und sie wurden gute Freunde. Pyrker führte Vince Weber in die Wiener Boogie Szene rund um den Radiomoderator Hans Maitner ein. Schnell war eine Tour geplant, zu der auch Axel Zwingenberger und Georg Möller stoßen sollten. Das war 1974. Es folgten Fernseh-Shows und der Boogie Woogie, den Vince Weber ins Rollen gebracht hatte, trat seinen Siegeszug durch Europa an.
Vince Weber wußte zahllose Geschichten zu erzählen. So unter anderem auch über eine Einladung ins ZDF zur Peter Frankenfeld Show. Als Vince dort ankam, wollten sie ihm ein altes Klavier zum Spielen geben, während ein schöner neuer Konzertflügel hinter dem Vorhang stand. Vince bestand darauf, auf dem besseren Flügel spielen zu wollen. Nachdem der Regisseur aber ablehnte, verließ Vince die Fernsehproduktion. So war er. Standhaft, wenn es um die Musik ging.
In den 1980er und 1990er Jahren war Vince Weber`s Karriere-Hoch. Er spielte unzählige Clubs und Festivals und schaffte gemeinsam mit Axel Zwingenberger auch den Sprung in die klassischen Theater und Konzerthäuser.
Von Vince Weber gibt es nur wenige LP`s und CD`s. Alle haben aber ein paar interessante Dinge gemeinsam. Zum einen sind alle bei Otto Waalkes Label “Rüssl-Records” erschienen. Es gibt nur zwei Ausnahmen. Und alle bei Rüssl-Records produzierten Aufnahmen enthalten jeweils die Hälfte an Eigenkompositionen und Fremdsongs sowie die Hälfte Live-Aufnahmen und die andere Hälfte Studioaufnahmen.
Mit Vince Weber stand ich nicht oft gemeinsam auf der Bühne, nur eine handvoll Auftritte erinnere ich. Aber ich erinnere sie gerne. Ich mochte ihn immer sehr. Unvergessen bleibt mir mein Geburtstag 1987. Da hatten wir gemeinsam mit Christian Willisohn, Martin Schmitt und Tommy Weiss Abends einen Auftritt in der Theaterfabrik in Unterföhring. Aber bereits Nachmittags trafen wir uns bei mir zu Hause und Vince hatte an meinem damaligen Bechstein Flügel von 1875 großes Vergnügen. Diesen Nachmittag werde ich nie vergessen.
Vince Weber ist im Februar 2020 nach langer Krankheit verstorben. Er war ein echter “Typ”, ein “Charakter”, der mir, ob bewußt oder unbewußt, musikalisch wirklich viel gegeben hat.